Vorlage der Initiative Waldkritik zum Vor-Ort-Termin am
18.3.2016 bei Wüstenrot
Vorlage der Initiative Waldkritik zum Vor-Ort-Termin am 18.3.2016 bei Wüstenrot
Ingenieurtechnische Anwendungen sind Grundlage zeitgenössischer Waldwirtschaft. Zum Einsatz gelangen Forstspezialmaschinen. Kennzeichnend ist ein bodengebundener Einsatz bei einem hohem Eigengewicht und hoher Nutzlast der Maschinen. Gleisbildung ist in Folge das sichtbare Ergebnis der Einwirkung gewaltiger mechanischer Kräfte auf den Boden. Die Bodensubstanz der Fahrlinien wird dabei zunächst massiv verdichtet, plastisch verformt und beginnt als breiartige Masse zu fließen. Der Boden wird bereits bei den ersten Überfahrten in seinem natürlichen Aufbau zerstört und eine komplexe Lebensgemeinschaft getötet oder schwer geschädigt. Hohe Feuchtigkeit und feinsubstanzreiche Böden befördern diesen Ablauf. Als Rückstand verbleibt ein biologisch vollständig toter Boden und ein technisch unbrauchbarer Untergrund.
Paragraph 14 des Landeswaldgesetzes verpflichtet alle Waldbesitzer zur pfleglichen Bewirtschaftung des Waldbodens mit dem Ziel, den Boden und die Bodenfruchtbarkeit zu erhalten.
Der Schutz der Waldböden sei laut Forst BW durch die Einführung, Anwendung und Einhaltung einer Planungsvorgabe, der Feinerschließungsrichtlinie in Verbindung mit einer Ausführungsschrift, dem Rückegassenkonzept hinreichend gewährleistet.
Die Zerstörung des Bodens träfe(!) zwar zu, doch der Rest des Waldes sei vollständig geschützt. So Forstwissenschaftler der Professur für Bodenökologie in Freiburg, so Vertreter der FVA Freiburg, so die Geschäftsführung bei Forst BW, so der Forstpräsident in Tübingen und die Leitung bei den Kreisforstämtern- Einheitsantwort(!) anstelle von Vorsorge- Vermeidungs- oder Verringerungsstrategien. Das Bodenschutzkonzept der Initiative wird ignoriert. Zuvor glaubten die Forstvertreter einen Mangel an Ideenkraft feststellen zu können – Bürgerbeteiligung ist nicht gefragt!
Über die Jahrzehnte summieren sich riesige Verluste an produktivem Waldboden für die Walderschließung! Im Staatswald Bayern, für Forststrassen 22 600 km, hinzukommen 11 800 km für Maschinenwege, Rückegassen mit 150 000 km und jährlich nicht zu beziffernde neue Fahrstrecken und ein Ende ist nicht abzusehen!
Zum Vergleich: Autobahnen, Bundesstraßen, Staatsstraßen umfassen in Bayern zum Vergleich 22 600 km.
… und in Baden-Württemberg?
Die Kommunikation der Vertreter von Forst BW mit dem Bürger(Waldbesitzer)gestaltet sich bisher als ein regiemäßig ablaufendes Anwendungsraster mit direktivem Zielsinn. Die Schäden werden als technisch unvermeidbar, für den aktuellen Schadort heute und hier, als… „ mit dem Rückegassenkonzept in Übereinstimmung stehend…“ ausgegeben. Die undifferenzierte Anwendung der Feinerschließungsrichtlinie und eines desaströsen Rückegassenkonzepts zerstören den stofflichen Leib des Waldbodenorganismus. Es geht allein um ganzjährig, witterungsunabhängig, kurzfristige Holzaneignung zu Lasten langfristiger Nachhaltigkeit. Eine Mäßigung der aggressiven Holzmobilisierung ist trotz der sachlich gerechtfertigten Einwände nicht festzustellen. Wider besseres Wissens um die langfristigen (auch ökonomischen) Folgen, wird eine propagandistische Systemkette ordnungsgemäßer Forstwirtschaft in der Öffentlichkeit inszeniert, die von ihrer Idee her niemals naturgemäß sein kann. Wissenschaftliche Erhebungen belegen, dass bereits fünfzig Prozent der befahrbaren Waldfläche in Baden- Württemberg „Verformungsschäden“ aufweisen, zum Teil sind sie schwer geschädigt.
Die einzige, für Natur und Mensch existentiell bedeutsame waldwirtschaftliche und vor allen Dingen naturgemäße Bezugsgröße ist und bleibt der Waldboden und seine Fruchtbarkeit. Deshalb sagen wir:
Naturnahe Forstwirtschaft ist mit technisch ausgelösten Bodenschäden (Gleisbildung) unvereinbar!
INITIATIVE WALDKRITIK/www.waldkritik.de
Richard Koch·Harald Kunz·Dr. Andreas Luther
Rasputiza
Rasputiza, ist die russische Bezeichnung für die Schlammzeit,
Schlammperiode bzw. Regenzeit im Frühjahr und Herbst, in der weite Landschaften und unbefestigte Straßen im östlichen Europa durch Schneeschmelze bzw. die Herbstregenfälle aufgrund der besonderen Geographie der Landschaft aufweichen und unbefahrbar werden. Die Menschen stellen sich auf die Gegebenheiten ein und vermeiden dadurch Schäden an der Natur und damit Beeinträchtigungen für sich selbst.
Nicht so im Staatswald bei Wüstenrot und generell an Waldstandorten des Keuperberglands in Baden-Württemberg.
Forst BW hat im Wald bei Wüstenrot (Berglen) mit der Folge von schweren Bodenschäden, sie wurden zur Anzeige gebracht, Holz geerntet. Für heute, den 18. März hat die Forstverwaltung die „Stakeholder“, die Bürgerschaft wurde dabei ausgenommen, zu einem Vor-Ort-Termin, eingeladen. Ihre Teilnahme zugesagt haben Naturschutzvertreter/ Innen, Forstunternehmervertreter/Innen, Vertreter des FSC und der Forstverwaltung.
Man will über die Schäden sprechen.
Vorab hat die Abteilung Forstpolitik die „Gesamtmaßnahme“ im Wald bei Wüstenrot bereits, man bedenke den Sinn des Wortes, als in Übereinstimmung mit der Richtlinie und dem Rückegassenkonzept stehend bewertet.
Der Forstmann Karl-Friedrich Weber schreibt uns zu den Bildern der Schäden im Wald zwischen Wüstenrot und Böhringsweiler:
…die mir übersandten Fotos sind schockierend. Die Begründungen, wonach eine Konformität der Gesamtmaßnahme im Hinblick auf das Konzept zur Sicherstellung der dauerhaften Funktionsfähigkeit von Rückegassen und Maschinenwegen (siehe Anlage) gegeben sei, sind abstrus.
Das Konzept ist nicht der Maßstab, weil es unzulänglich ist, sondern nur die Naturressource Boden an sich kann der Maßstab sein.
Die angehängte Vorschrift ist ein aufgeblähter Minimierungsversuch, der in seinem Umfang von niemandem praktisch nachvollzogen werden kann und überdies den Vermeidungsaspekt vollkommen unberücksichtigt lässt.
Zielmarke müsste sein, dass nicht mehr als maximal 8% der Waldbodenfläche überhaupt befahren werden und ein angemessener Pferdeeinsatz allmählich diskutiert wird.