Als ersten Briefwechsel veröffentlichen wir hier den Briefwechsel zwischen Harald Kunz, Mitglied der Initiative “Waldkritik”, dem Landrat Walter, dem OB Palmer und die stellvertretende Antwort Graf Bülows vom ForstBW und dann wiederum die Antwort darauf von Herrn Kunz. Alle Schreiben von Herrn Kunz wurden von Ihm mit entsprechendem Bildmaterial aus der aktuellen Holzernte 2015 untermauert.
1. Zunächst das Schreiben von Herrn Kunz vom 28.01.2015 an den Landrat Walter und vom 29.01.2015 an den OB Palmer aus Tübingen, anläßlich eines Werbefilms vom Forst BW zur Nachlese auf das Jahr 2014, in dem der Schönbuch “Wald des Jahres” war:
Sehr geehrter Herr Landrat Walter (28.01.2015 ) und
Sehr geehrter Herr OB Palmer (29.01.2015)
heute hat mich das Video der Nachlese zum Waldgebiet des Jahres erreicht. Ich folge den Menschen die im Film sprechen gerne mit meinen Gedankenspuren. Diese habe ich Ihnen in den Anhang gestellt. Was mich betroffen macht ist die Zerstörung der Waldböden, sie ist eine besorgniserregende Tatsache, die auch weiterhin nicht zur Kenntnis genommen wird. Die Erhaltung der Böden, ihrer Fruchtbarkeit ist für das Leben von herausragender Bedeutung. Für 2015 hat die UN das Jahr der Böden ausgerufen…
Die Autoren des Films, die Mitwirkenden suchen die Bedeutung des Schönbuchs zu unterstreichen. Das teilen wir gerne mit Ihnen. Warum aber werden die schweren Bodenschäden der vollmechanisierten Holzernte unterschlagen. Werden nicht erwähnt? Freilich, Sie hätten nicht ins ästhetische Schema, in das Drehbuch der Autoren gepasst. Auch nicht in die Präsentationsvorstellungen von Forst BW.
Sehr geehrter Herr Landrat, Sie haben die Bedeutung des Schönbuchs aus Ihrer Sicht für die Besucher im Film herausgestellt. Wir sind der Meinung dass der Schutz des Schönbuchs deshalb von größter Bedeutung ist. Ich will Ihnen einige Bilder von aktuellen Schäden in den Anhang stellen. Sie wurden im Januar 2015 fotografiert. Sie machen an einer aufgefundenen Stelle im Schönbuch deutlich, dass die Forstverwaltung mitnichten den allein verbal vorgetragenen Ausgleich ökonomischer, ökologischer und sozialer Ziele der Waldwirtschaft zu trachten versucht. Es sind Bilder der Rücksichtslosigkeit und der Zerstörung. Sie widerlegen das Ansinnen des Filmes, in dem Sie, Herr Landrat Walter mitwirken, nämlich, die Wertschätzung des Schönbuchs.
Grüß Sie herzlich
Initiative Waldkritik
Diese Bilder waren dem Schreiben von Herrn Kunz angehängt:
2. Auf das Schreiben von Herrn Kunz an den Landrat Walter und den OB Palmer hat stellvertretend Herr Graf Bülow von Dennewitz am 13.02.2015 geantwortet:
3. Auf dieses Schreiben hat wiederum Herr Kunz am 25.02.2015 wie folgt geantwortet und nochmals aktuelle Bilder mitgeschickt:
Sehr geehrter Herr Graf Bülow,
herzlichen Dank für Ihr Schreiben als Betriebsleiter, Ihrer Antwort auf mein Schreiben an Herrn Oberbürgermeister Palmer und an Herrn Landrat Walter.
Ich will direkt darauf eingehen.
Sie bemühen eine Gruppe von Gedankenmustern um die Aufgaben der Forstwirtschaft, Erholung, Schutz und Nutzung darzustellen. Wir stellen fest, dass die Böden im Schönbuch durch den Einsatz der Maschinen trotz gegenteiliger Beteuerungen aber weiter schwer geschädigt werden.
Die Integration ökonomischer, ökologischer und sozialer Gestaltmerkmale nachhaltiger Waldwirtschaft, Sie sind hierzu rechtlich verpflichtet, wird aus unserer Sicht nicht umge-setzt, mehr noch, sie unterbleibt. Das festzustellen ist für niemanden, am wenigsten für den Schönbuch ein Gewinn!
Es wird zudem deutlich, dass Befahrungsschäden nicht ausreichend in den Richtlinien des FSC-Standards gewürdigt werden, diese mit konkret prüfbaren Grenzwerten zu untersetzen aber dringend vonnöten ist. Die Standards müssen deshalb auf den Prüfstand!
Der Werbefilm den Sie in Auftrag gegeben und sicherlich mit klaren Zielsetzungen geplant haben, bemüht Landschaft, Menschen, erzeugt Bilder… Nebenbei, mit 7000 Mausklicks ge-lang es Wald des Jahres zu werden und auf diese einfache Weise sah man die Forstpartie als aufgewertet an. Das ist das Ergebnis des Bewerbs und Sinn des Films. Indes, fünf Millionen Bürger und Bürgerinnen besuchen den Schönbuch von sich aus, ohne den Film gesehen zu haben. Der Aufenthalt im Schönbuch genügt. Doch wäre deren Beteiligung denkbar gewe-sen. Menschen bringen von Natur aus die Bereitschaft mit, an der Gestaltung Ihres Lebens-raumes mitwirken zu wollen. Die Forstverwaltung kann Lebensraum unter der Berücksich-tigung vielfältiger Lebensinteressen nicht allein gestalten. Das liegt in der Sache selbst be-gründet. Die ruhelosen Verdichtungsprozesse im Abschnitt des Mittleren Neckars machen interdisziplinäre Gestaltungsüberlegungen zwingend erforderlich. Da die Menschen nicht eingebunden werden, entstehen unweigerlich Interessenskonflikte. Die Forstverwaltung, als auch die politische Führungsebene scheint dies nicht zu erkennen wollen.
Die ingenieurtechnischen Anwendungen des Maschinenbaus erfolgten auf Böden, die durch deren Einsatz gleichzeitig schwer geschädigt werden. Die Kosten die Unternehmern durch Anschaffung der Maschinen entstehen, sind kein Grund dafür, Einsätze ohne vorsorgenden Bodenschutz zuzulassen. Das genau wird aber zu Lasten der Böden gemacht.
Das Feinerschließungssystem wirkt weitere Schäden, weil Örtlichkeit und Bodeneigenschaf-ten unberücksichtigt bleiben. Die Schädigung der Böden wird sichtbar und deshalb zu Recht kritisiert. Die Forstverwaltung antwortet mit Beschwichtigung, der Rest des Waldes bliebe ja erhalten-eine wie wir finden hilflose Einwendung, die in der Angabe der Größenordnung für den Flächenverlust durch die Fahrgassen mit 10 Prozent auch nicht stimmt!
Sie erwähnen den 17. Oktober als Datum einer Informationsveranstaltung für Bürgerinitiativen?
Die Besprechung, so die Bezeichnung im Betreff der Einladung, war als Fortsetzung des in Stuttgart begonnenen Dialogs, Herr Dr. Murschel hat diesen angeregt, gedacht. Die Forstverwaltung hat „Bebenhausen“ dann zur virtuellen Wiederholung der „Informationsveranstaltung“ am Bromberg samt Tagesordnung, Ablauf und Zusammensetzung der Teilnehmer, wenigstens 40 Förster waren versammelt, umgeformt und die Durchführung direktiv bestimmt.
Nach dieser Erfahrung werden wir an Veranstaltungen dann teilnehmen, wenn wir die Ta-gesordnung und Besetzung mitbestimmen können.
Die Verknüpfung von zentraler Anweisung zur Umsetzung der Feinerschließungsrichtlinie, vertikalem Organisationsgefüge, systemischen Handlungsfolgen, wirtschaftlicher Aneig-nungsökonomie mündet in die Zerstörung der Böden ein. Dies wird selbst von höchster Ebe-ne billigend in Kauf genommen. Ein Schutz der Böden scheint unmöglich.
Konstruktive Vorschläge wie Sie Herr Grüll entwirft, werden ungeprüft, als nicht machbar ab-getan. Seine Vorschläge passen nicht zum vorhandenen Rückegassenkonzept, wohl aber zur Lösung des Problems.
Frau Dr. Kenntner hat die Kommunikationsstrukturen von Forst BW untersucht. Ich zitiere,
„ allein Förster (in Baden-Württemberg, von mir hinzugesetzt) sind in der Lage forstfachliche Belange zu beurteilen.“ So sind Spurschäden ein ästhetisches Problem und die aufgerissenen Böden Wohnraum für Lurche. Basta! Vor kurzem hat auch ein Oberbürgermeister Fürspra-che für Gelbbauchunken gehalten. Es gälte diese zu retten. Eine Million Mikroorganismen in einem Gramm (!) Waldboden lebend, Bodenfruchtbarkeit webend, werden durch Befahrung getötet. Ein seltsamer Rettungsversuch. Diese Gedankenspuren wirken in die Gesellschaft zurück und schaffen den Widerspruch zwischen unreflektierter Aneignung der Ressource Boden auf der einen, Rationalisierung der Schäden und Imagepflege auf der anderen Seite. Mit Verlaub Herr Graf Bülow, die Forstverwaltung tritt auf der Stelle.
Informationen zu Frau Dr. Kenntners Arbeit finden Sie unter:
Sie schreiben, wir stellten Forstleute in eine Verbindung zu Ignoranz, Borniertheit und Geldgier. Herr Dr. Luther hat Ihnen geantwortet.
Ich will es Ihnen auf folgende Weise sagen: die Missachtung der Böden und des Bodenlebens im Schönbuch wird mit einem Starrsinn, allein wirtschaftlichen Zielsetzungen folgend fortgeführt. Die Einseitigkeit dieser Vorgehensweise ist brüskierend! Sehen Sie die Bilder im Anhang.
Warum versuchen Sie mir den FSC zu erklären?
Unbenommen, es mögen dort verdiente Leute zu Werke gehen…Wir haben unsere Erfahrung gemacht.
Man hat uns drei Tage vor dem geplanten Audit die Verfahrensregeln in Englisch mitgeteilt.
Unter anderem wurde gefordert, die Beschwerdevertreter müssten zum Verlauf des Audits in der Öffentlichkeit schweigen… Daraufhin haben wir unsere Teilnahme abgesagt.
Sie sehen wir antworten!
Was dringlichst auf den Prüfstand muss, ist:
Befahrungsschäden müssen in den Richtlinien des FSC ausreichend berücksichtigt werden. Diese mit konkret prüfbaren Grenzwerten zu untersetzen wäre dringend vonnöten.
Es bedarf der Einrichtung eines spontanen, unabhängigen Kontrollorgans. Das hätte Wirkung und würde dazu beitragen die Böden besser zu schützen.
Zur gesellschaftlichen Plattform: Die Umweltkammer des FSC kann mit einem Drittel Stimmenanteil allein, eine Verbesserung des Bodenschutzes nicht erwirken… Lizenznehmer und Prüfinstanzen verfügen über die restlichen Stimmen. Hier ist Bewegung dringend notwendig, denn zwischenzeitlich werden Waldböden im Schönbuch und in Deutschland zerstört.
Forst BW schreiben Sie, hat sich mit einer Bodenschutzkonzeption eigene Standards gesetzt? Es beinhaltet 40 cm Spurtiefe und wenn es wichtig deucht, gibt es 10 Prozent Zuschlag! Glauben Sie wirklich ernsthaft, befahrungsempfindliche Böden im Schönbuch könnten mit diesem Konzept geschützt werden? Aus meiner Sicht handeln die Entscheidungsträger grob fahrlässig. Was wissen Sie, was wissen die Entscheidungsträger wirklich über die langfristigen Folgen der Bodenverdichtung, bei einer Fläche von wenigstens 10 000 qkm in Deutschland?
Es gibt Standorte – und davon im Schönbuch überdurchschnittlich viele – die für eine Befahrung, und damit für systematische Erschließung nicht geeignet sind. Solange alle Standorte undifferenziert erschlossen und befahren werden, geht die Bodenzerstörung weiter.
Wir werden dem Widerstand entgegensetzen.
Ein Muskelprotz räumt auf, war der Titel einer Reportage im Schwäbischen Tagblatt…Mit Pferden gerückt, den Waldboden geschont …im gleichen Waldabschnitt Maschineneinsätze mit den Folgen schwerster Bodenschädigung. Ihr Darstellungsversuch in der Presse und das Geschehen im Wald sind merkwürdig gegensätzlich.
Ich will in Erinnerung rufen, wie sich dies darstellt:
https://waldkritik.de/?p=84
https://waldkritik.de/?p=106
Sie erwähnen die Schäden in Ihrem Schreiben erneut. Sie seien saniert sagen Sie? Lässt sich das wirklich leisten? Sie schreiben, technische Befahrbarkeit sei gewährleistet, doch Bodengesundheit und das Bodenleben sind auf wenigsten 2000 ha im Schönbuch nicht wieder herzustellen. Ich finde diesen Umgang mit dem Ihnen anvertrauten Gemeinschaftsbesitz erschreckend!
Gestatten Sie mir hier die Frage, ist der Aufwand und die Kraft, die wir aufbieten, wirklich vonnöten? Wären diese in einem Modellversuch Schönbuch nicht besser angelegt?
Zu abschließenden Beurteilung in Ihrem Schreiben, möchte ich in folgender Weise Stellung nehmen:
Die Aufnahme und schriftliche Dokumentation der verursachten Schäden im Schönbuch, ausgelöst durch den Einsatz von Forstmaschinen ist längst überfällig. Häufigkeit und Schädigungsgrad der Böden im Schönbuch sollen durch ein unabhängiges Gremium festgestellt werden, um einen wirklichen Überblick über die Flächenverluste zu erhalten.
Der Bürger ist Souverän, die Holzwirtschaft ist Kunde und die Forstleute sind Handlungsträger des ausdrücklichen Willens der Bürger. So gesehen ist Waldbau auch ein Ausdruck politischer Beteiligung. Offensichtlich haben die Entscheidungsträger bei Forst BW und der Landesregierung das vergessen.
Wir erwarten die Aufstellung eines Bodenschutzprogramms nach Brandenburger Vorbild, bei dem empfindliche Standorte, die es im Schönbuch ebenfalls gibt, grundsätzlich nicht befahren werden.
Der Schönbuch bedarf einer umfassenden waldbaulichen Planung mit dem Ziel, die vielfältigen Wechselwirkungen hinsichtlich Lebensraum und Lebewesen festzustellen und zu fördern.
Der Bürger hat das Recht, an der Gestalt des Waldes, an seiner Entwicklung und an der Nutzung mitzuwirken. Könnte das nicht für alle Beteiligten belebend sein? Ich bitte Sie konkret zu antworten.
Februar 2015… Schadbilder aus dem Schönbuch, aus dem Verwaltungsbereich des Kreisforstamtes Tübingen. Sie sind dem Schreiben angefügt.
Es stellt sich die Frage nach der Glaubwürdigkeit der Entscheidungsträger in der Forstverwaltung und letztlich auch der Verantwortlichen in der Landesregierung.
Was werden Sie sagen?
Erkennen Sie, dass die Gefahr besteht an Autorität und Glaubwürdigkeit zu verlieren. Das Landeswaldgesetz schreibt die Erhaltung des Bodens und der Bodenfruchtbarkeit zwingend vor. Von partieller Zerstörung der Böden im Aneignungsprozess, ist im Gesetz ist nirgendwo Rede.
Ich wünschte es gelänge Ihnen, sich auf die Stärken zu besinnen und diese in einer Neuordnung der Waldbewirtschaftung im Schönbuch und im Keuperbergland zu entfalten.
Mit freundlichen Grüßen,
Initiative Waldkritik
Anlage: 12 Fotos zur Holznutzung im Frühjahr 2015. Ich stelle fest, es hat sich nichts gebessert.
4. Dann hat Herr Kunz Herrn OB Palmer nochmals gesondert Bildmaterial aus dem Stadtwald Tübingen zugesendet, mit der Bitte, sich um die Belange des Waldbodens zu kümmern: