Warum das Image der Fortwirtschaft so schlecht ist
Leserbrief aus BDFaktuell 4-2014
In BDF aktuell 3-2014 wird auf Seite 3 das schlechte Image der Forstwirtschaft beklagt.
Die Schlussfolgerungen waren:
• Wir haben zu wenig Öffentlichkeitsarbeit gemacht.
• Wir haben anderen (NatSch)Verbänden das Feld überlassen.
• Wir tun zwar Gutes, reden aber zu wenig drüber etc.
Das möchte ich kritisch hinterfragen und mit einem kleinen Exkurs in die Politik klarmachen, was ich meine.
Die Politik(er) sind schlecht angesehen in der Bevölkerung. Warum? In aller Kürze:
• Weil Reden und Tun nicht zusammenpassen
• Weil der Eindruck entsteht, Politiker hätten einen sehr dehnbaren Begriff von Wahrheit (diverse Dr.-Titel/Affären, gesponserte Geburtstagssausen, diverse Luxusurlaube auf Firmenkosten etc.)
• Entscheidungen seien durch entsprechende Zuwendungen beeinflussbar (z. B. Änderung des MwSt.-Satzes fürs Hotelgewerbe nach Mio-Spende an FDP, schwarzes Kassensystem bei der CSU, ehem. Bundeskanzler wechselt flugs auf einen lukrativen Posten bei Gazprom, …)
Und jetzt schauen wir zur Forstwirtschaft:
Was reden wir nicht von Nachhaltigkeit – und müssen unsere Hiebssätze herunterfahren, weil wir den Zuwachs “überschätzt” haben bzw. unsere Nutzungen nicht sauber erfasst haben (10 cm Übermaß je Fixlänge, Harvesterstockhöhe, Kalibrierungsschnitte, NH, unsauberer Umgang mit Vfm und Efm, … ). Die Warnungen, dass das auf Dauer nicht gut gehen kann, waren insbesondere seitens der Basis (Waldarbeiter, Revierleiter) da, aber diese Leute wurden als rückständig (dumm) und technikfeindlich abqualifiziert.
Die Großkopferten haben’s halt mal wieder besser gewusst.
Bitte, jetzt haben wir den Salat.
Wir reden von naturnaher Forstwirtschaft, von Bodenschutz und pfleglichem, sorgfältigem Umgang. Und dann holen wir Großmaschinen, machen maschinengerechten Waldbau, die Rückegassen schauen aus wie S… und sind kaum mehr befahrbar. Durch vorschnelle Abnutzungen des Altholzes über Vorausverjüngung in Hau-Ruck-Aktionen entstehen unnötige erhebliche Kollateralschäden und das Holz wird ohne große Sortierung in Riesenmengen weggekarrt. Hauptsache, die Mengenzahlen stimmen mit den Vorgaben überein. Von so Kleinigkeiten, wie Wertholz in der Massenware untergehen zu lassen, ganz zu schweigen. Aber das große Wort führen von wegen “wir zeigen allen wie wirtschaften im Wald wirklich geht!”
Es hieß, der Förster solle vor Ort bleiben, aber die Hälfte der Reviere wurde wegrationalisiert, Brennholzselbstwerber wurden vielerorts (es gab und gibt Ausnahmen !) als lästige Wimmerl mehr oder minder aus dem Wald hinauskomplimentiert.
“Think big” wurde zum Motto und alles Kleine dabei überfahren – waldbaulich genauso wie sozial. Nur “klein” wird leicht mit “unwichtig” verwechselt. Dabei bestimmt die federleichte Kompassnadel den Kurs, nicht der viele Tausend Bruttoregistertonnen schwere Frachter.
Wer glaubt, er sei zu groß für kleine Dinge, der ist leicht zu klein für große Dinge.
Hier könnte man noch einige Punkte anführen, sie mögen verdeutlichen, dass diese Diskrepanz zwischen dem, was wir aktiv und vehement in unserer (gar nicht so schlechten) Öffentlichkeitsarbeit behaupten, und dem, was im Wald tatsächlich passiert, von den Leuten gesehen und entsprechend bewertet wird.
Freilich reden manche Naturschutzverbände recht einseitig daher, aber das ist nur 1/4 der Wahrheit. 3/4 sind unsere eigenen Missstände, die wir verdrängen. Die Öffentlichkeit tut das nicht und gibt uns prompt dafür die Quittung. Die durch die eigene “Propaganda” getrübte Selbstwahrnehmung driftet immer weiter weg von der Fremdwahrnehmung durch die Bevölkerung. Das ist die wahre Ursache unseres Glaubwürdigkeitsverlustes.
Noch mehr und noch bessere Propaganda verschärft da eher das Problem, als es zu lösen.
Wie könnte also die Lösung aussehen? Wie wär’s mal mit ehrlich sein? Wie wär’s mal mit dem Verdrängen von z. B. Bodenschäden oder Kronenhackschnitzelstreunutzung aufhören? Wie wär’s mit Fingerspitzengefühl statt Brechstangenwaldbau? Wie wär’s mal mit “Kleine” genauso gut bedienen wie “Große”? Wie wär’s mit keine größeren Töne spucken, als man auch leisten kann? Wie wärs mit Fehler wieder zurückändern?
Prinzip: Wer einen Fehler nicht verbessert, begeht einen zweiten.
Aber das wird nicht geschehen. Der Gesichtsverlust wäre zu groß. Da ist der schlechte Ruf für die “Spitzen” ein kleineres Übel als ein tatkräftiges “mea culpa”.
Prinzip: “Sch… drauf für diesen 5-Jahres-Vertrag langt’s noch und nach mir die Sintflut.” Dementis, argumentative Nebelkerzen und wilde Beschuldigungen anderer sorgen für so viel Verwirrung, dass mangels Übersichtlichkeit keiner zur Rechenschaft gezogen werden wird. Es geht nicht um die Sache, nicht um den Wald, es geht ums Rechthaben und um Pfründe sichern. Da ist doch der Ruf der Forstwirtschaft peanuts dagegen oder?
Michael Bartl, Kastl
(fett und kursiv von admin)