Lieber Herr Kunz,
Ihre Initiative hat mit dem vorgelegten Bodenschutzkonzept einen längst fälligen Anstoß zur Auseinandersetzung mit einer Schwachstelle “moderner” Forstwirtschaft gegeben.
Die tatsächliche Praxis des Holztransportes vom Stubben bis zur LKW-Straße ist in Deutschland ganz überiegend unerträglich wald- und naturschädlich. Wir Förster haben uns daran gewöhnt, die Bevölkerung hat gesagt bekommen, dass es nicht anders gehe. Jeden Winter gibt es Empörung und Trauer bei den Waldbesuchern, die aber bis zum nächsten Sommer wieder abebben.
Bei anspruchsvoller Auslegung der Naturschutz- und Forstgesetze sind solche offensichtlich schädigenden Praktiken nicht rechtmäßig. Aber die Kontrollinstanzen von amtlichem Naturschutz und ordnungsgemäßer Forstwirtschaft sind bisher kaum tätig. Selbst ökologisch-sozial ausgerichtete Organisationen der Zivilgesellschft etwa zur Zertifizierung nach FSC oder zur Label-Erteilung nach PEFC sanktionieren in ihren Audits nicht ernsthaft massive Bodenschädigungen durch Holztransport.
Naturschutzverbände wie BUND und NABU plädieren für 40 m Abstand der Rückegassen und schonenden Holztransport, haben aber keinen Schwerpunkt bei ihren größeren Aktionen in diesem Bodenschutzbereich. Ein Grund dafür könnte der große Anteil von gelernten Förstern in diesen Verbänden sein, die sich um “Wald”-Angelegenheiten kümmern, aber durch ihre technisch-kommerzielle Vorbildung den Naturschutzgedanken oft nicht so priorisieren wie nicht forstlich vorgeprägte BürgerInnen oder gar Naturschützer.
Nun gibt es aber auch unter den Förstern einige, die sich anhaltend darüber grämen, dass ihr eigenes technisches Tun ihren eigenen Wald “”nachhaltig” schädigen. Ihre Initiative ist ja eine konstruktive Bewegung, die zusammen mit den Förstern nach Möglichkeiten sucht, eine offensichtlich falsche technische und organisatorische Vorgehensweise zu beenden bzw. zu verbessern.
Solche Veränderungen von langjährig eingefahrenen Praktiken können Mitglieder der Forstverwaltungen aus deren Apparat heraus selten erreichen. Es bedarf eines Anstoßes aus der Gesellschaft und dann durch die handlungsleitenden Politiker für den Naturschutz und die Forsten. Sie müssen sich dazu bekennen, dass die wirtschaftende Gesellschaft sich auf die Natur und ihre Verletzlichkeit einstellen muss und nicht umgekehrt. Die politischen Kräfteverhältnisse geben das in vielen Bundesländern schon jetzt her. Aber die Politiker werden aus ihren Apparaten heraus nicht in diesem Sinne beraten. Es könnte ja zu Änderungen zwingen, zum Umdenken und auch zu Investitionen oder Unterlassungen von schnellen Einnahmen.
Damit dieses geschehen kann, brauchen wir Ihre Initiative, aber auch weitere Initiativen in Deutschland in diesem Sinne. Nur dann wird dieses Bodenproblem auch gesellschaftlich und politisch als solches ernstgenommen. Sie haben so gesehen fast schon eine besondere Verantwortung…
Das Bodenproblem ist nur eines von mehreren Problemen, die in der modernen Forstwirtschaft behoben werden sollten bzw. gar nicht erst entstehen sollten. Dazu gehören eine nicht angemessene Personalknappheit, Übertechnisierung und aktionistische Eingriffsintensität, Naturferne, kurzfristige (nicht nachhaltige) Gewinnerzielung und in den öffentlichen Forsten (“Bürgerwälder” !!) eine unverständliche Distanz zu den betroffenen und interessierten BürgerInnen vor Ort und den dortigen Umweltverbänden. Ihrer BI thematisiert jetzt den Bodenschutz.
Eine ganzheitliche Lösung wird nur im Rahmen von besseren Gesamtkonzepten erreichbar sein. Vorschläge dazu gibt es (wir versuchen so etwas in Lübeck seit 1994).
Ich wünsche Ihrem wichtigen Baustein “Bodenschutz” einen ersten exemplarischen Erfolg auf diesem Weg, den ich gerne begleite !
Zu den mitgeschickten Konzeptvorschlägen – und erläuterungen melde ich mich extra in fachlichem Sinne. Ich bin gerade im Ausland, nächste Woche wieder zuhause.
Herzlichen Dank und beste Grüße,
Lutz Fähser