Sehr geehrter Graf Bülow,
danke für Ihre Mail mit Ihrer Antwort auf mein Schreiben vom 10. Juni 2014. Ich will Ihnen wie folgend antworten:
Der Anlass unserer Korrespondenz sind die Einsätze der Forstmaschinen im Schönbuch. Die aus diesen Einsätzen entstandenen schweren Bodenschäden mit der einhergehenden Ein-schnürung und Zerstörung der Lebenskreisläufe, die Sorge um die Folgen für das Leben im Boden und für den Wald, sind aus meiner Sicht die Ursache eines sich zunehmend verstärkenden Konfliktes.
Es regt sich nachdrücklich Widerstand. Das ist die Folge davon, dass die Verantwortlichen in der Führungsebene der Forstverwaltung die Bedenken der Menschen bisher nicht ernst genommen hat, als genüge es den Begriff der Nachhaltigkeit, als Legitimationsformel gebetsmühlenartig verwendet, mit der Forstreform und der Einführung einer ausschließlich maschinenorientierten Waldbewirtschaftung zu verknüpfen. Wortsinn und Geschehen im Wald wurden voneinander abgekoppelt, gesellschaftlicher Auftrag und Legitimation driften deshalb auseinander. Das neu konstruierte Bewirtschaftungskonzept wird von den Bürgern abgelehnt, weil diese in die Entscheidungen der Forstverwaltung nie eingebunden waren. Deshalb hat ForstBW an Glaubwürdigkeit verloren und wird, ändert sie ihre Einstellung nicht, diese noch weiter verlieren. Das ist sicher! Die Bürger mahnen einen umfassenden Bodenschutz und eine schonende Holznutzung an. Das wird inzwischen auch von Mitarbeitern des Forstes gefordert. Herr Koch spricht in seinem Leserbrief aus was viele Ihrer Kollegen und Kolleginnen denken, aber nicht sagen können weil sie Sanktionen fürchten müssen. Die Angst gegen den vorherrschenden Korpsgeist zu verstoßen tut sein übriges dazu.
Der Einsatz der Maschinen verwüstet den Wald.
Ich habe den Leserbrief von Herrn Koch, er wurde im Holz Zentralblatt veröffentlicht, in den Anhang gestellt.
Dass die Schäden nicht auf den Schönbuch beschränkt, sondern im ganzen Land zu finden sind, will ich an dieser Stelle besonders betonen.
Ihre Antwort auf mein Schreiben ist an vielen Stellen sehr allgemein gehalten und deckt sich nicht mit den Erfahrungen die wir in den letzten Jahren gemacht haben. Sie schreiben mir, nur noch auf neue Sachverhalte antworten zu wollen. Mit diesen Worten machen Sie das Dilemma deutlich in dem Sie selber stehen, sie wollen die Kommunikationsform allein bestimmen und können sich, wenn dieses tun der Kritik doch nicht entziehen! Dasselbe gilt auch für die Vertreter der Führungsebene von Forst BW.
Ich stelle die Frage was diese denn bisher wirklich dafür getan hat um die Bodenschäden, die eine Folge Ihrer Entscheidungen sind abzuwenden? Ich will Sie weiter fragen, was Sie, Graf Bülow, im Schönbuch zu deren Minderung im kommenden Winter unternehmen wollen?
Nochmals zum Pferdeeinsatz im Kunsterdinger Wald: Die Vertreter des Kreisforstamtes la-den zum Foto in einen Raumsektor, in dem Herr Notheiss als Pferderücker tätig ist. Ein paar Meter weiter im gleichen Waldausschnitt sind Rückeschäden mit einer Gleistiefe bis zu 80 cm(!) zu finden. Es sind Schäden in jenem erschreckenden Ausmaß wie sie im Pfäffinger Gemeindewald vorgefunden wurden und den SWR auf den Plan riefen darüber zu berichten. Herr Strittmatter, Leiter der Forstdirektion, hat vor laufender Kamera beim Anblick der Schäden nachdrücklich beteuert, dass man ein solches Bild nicht haben wolle. Lässt sich Betroffenheit noch steigern? Mit der Reportage im Schwäbischen Tagblatt wird die Arbeit von Herr Notheiss von der Forstverwaltung dazu ausgenutzt, in der Öffentlichkeit den Eindruck zu erzeugen, Holznutzung würde bodenschonend vorgenommen. Sie wissen, dass das falsch ist! Mir fällt hierzu das Wort Propaganda ein. Der Boden im Kusterdinger Wald ist im Bereich der Rückegassen auf das Schwerste geschädigt! Warum nutzen Sie Ihr Denken als Fachmann dazu die Tatsache der Schäden kleinzureden, obwohl Sie nicht wissen welche Auswirkungen diese haben werden?
Sie stellen den Forst als Instanz langfristigen Denkens und Handelns dar. Ich kann dem nicht folgen, ist doch das unglückliche Ergebnis der Sturmfolgen, der Schönbuch war besonders betroffen, eine Folge der Monokulturen, die, die Forstleute in der Vergangenheit entworfen und realisiert haben verheerend gewesen.
Langfristigkeit im Denken und Handeln? Im Schönbuch wurde über Jahrhunderte hinweg Holznutzung betrieben ohne dabei ein Ausmaß an Bodenschäden zu erzeugen, wie diese unter Federführung von Forst BW in den letzten 10 Jahren entstanden sind.
Sie räumen eine Einschränkung der Bodenfruchtbarkeit im Bereich der Rückegassen ein. Dabei schreibt das Waldgesetz Baden-Württembergs die Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit für die gesamten Waldböden doch zwingend vor. Ihre Angabe des Flächenverlustes durch Rückegassen ist zu niedrig! Wie gelangen Sie zur Ihrer Angabe von 10-15 Prozent Flächenverlust? Herr Strittmatter hat in einem Interview mit Herrn Bengel vom GEA gar nur 1200 ha genannt. Der Naturpark umfasst 15600 ha. Ich habe den Eindruck, dass die Forstdirektion die Zahlen selbst nicht kennt! Warum gibt es bisher keine Bestandsaufnahme der Gassen und eine differenzierte Beurteilung der geschädigten Böden? Wie können Sie überhaupt wirtschaften ohne die Schäden einzubeziehen? Kennt ForstBW die Zahlen für die Wälder Baden-Württembergs?
Warum und wozu erwähnen Sie die Landwirtschaft mit den weltweit wachsenden Boden-verlusten, wenn im Schönbuch mindestens 2000 ha, in Deutschland mindestens zwölf- tausend qkm durch Rückegassen verloren gehen?
Ich kenne keinen einzigen Bauern in der Umgebung der auf den Gedanken käme, bei widri-gen Witterungsverhältnissen seine Wirtschaftsflächen so zu befahren, wie das im Schönbuch und im Land durch die Forstverwaltung angeordnet und durchgeführt wird! Für einen Land-wirt bedeutet dies, legt man Ihre Annahme eines Verlustes von 10-15 Prozent der Wirtschaftsflächen zu Grunde, vermutlich seinen Ruin. Apropos Verlust, dieses Wort wird im Zusammenhang mit der Rückegassenkonzeption von ForstBW tunlichst vermieden. Würden Sie Graf Bülow oder sonst jemand aus der Forstverwaltung einen solchen Prozentsatz seines persönlichen Besitzes einer Maßnahme opfern von der man weiß, dass diese irreversible Schäden erzeugt und man mit dieser Gefahr läuft ruiniert zu werden?
Warum also gibt die Forstverwaltung Maschineneinsätze bei den allerschlechtesten Wetter-bedingungen frei? Warum lässt Sie schwierige Standorte befahren, wenn Ihnen deren Eigen-schaften über die Standortkartierung bekannt ist.
Schäden, so sagen Sie, lassen sich im Sinne der Bodenfruchtbarkeit sanieren. Was meinen Sie damit?
Rückegasse als Refugium? Die Waldböden in den Rückegassen werden zu Industrieruinen degradiert, das sind in Deutschland Waldflächen in der Größenordnung von mindestens 12000 qkm. Die langfristigen Auswirkungen der Schäden kann heute niemand absehen. Ein weiterer Einsatz der Maschinen wie bisher, ist deshalb verantwortungslos!
Die Vertreter des Forstes betonen an jeder Stelle und zu jeder Gelegenheit den Schutz der Lurche. Die Besiedelung der Rückegassen durch Lurche ändert deren Funktion. Die entstandenen Biotope dürfen nach Rechtslage nicht mehr befahren werden! Die Ausbildung der Biotope rechtfertigt aber nicht, dass damit fortgesetzt weitere Böden geschädigt werden dürfen. Um in den Bestand einfahren zu können müssten neue Rückegassen angelegt wer-den damit die Biotope nicht zerstört werden. Neuerlicher Flächenverbrauch. Vermutlich ha-ben Sie deshalb damit begonnen die Zufahrt der Gassen mit ortsfremdem Material zu befüllen. Sie wissen dass dies untersagt ist! Sie schreiben, niemand will den Wert eines Wesens über den Wert eines anderen stellen. In keiner Ihrer Antworten habe ich bislang Ihre Sorge um die Lebewesen feststellen können, die, die Bodenfruchtbarkeit bereiten, erhalten und verbessern.
Dagegen sind Sie, ist Forst BW sehr bemüht die Rückegassen als einen Segen für den Wald darzustellen.
Ich habe den Eindruck gewonnen, dass Sie sich die Forstleitung auf den Schutz eines lebenden Bodens nicht einlassen will oder kann? Stimmt das, wäre dies wirklich ein Anlass zur Sorge! Hat die Forstverwaltung den Wert eines lebendigen Boden zu erfassen versucht, der die Grundlage für die Waldwirtschaft ist? Hat sie den Wachstumsverlust auf den Flächen errechnet, eine wirtschaftliche Gewichtung der Schäden vorgenommen? Hat sie einen Ausblick auf die Folgeschäden gerichtet? Sollen die Bürger, die Sie bei Ihren Entscheidungen bisher nicht teilhaben lassen wollen die Kosten tragen? Fließt die Gewichtung der Schäden überhaupt in die Überprüfung Ihrer Wirtschaftsweise samt den Zielen ein die Sie sich im Schönbuch gesteckt haben Graf Bülow? Diese Fragen möchte ich auch der Führung von Forst BW stellen, die ja die Entscheidungen für den Öffentlichen Wald im ganzen Land trifft. Die Bürger haben hier das Recht ausführlich informiert zu werden!
Bedenken Sie mögliche Sanierungskosten bei den Ausschreibungen für die Holzernte? Die Forstunternehmer bekla-gen die vorgegebenen Regiestundensätze der Forstverwaltung als zu niedrig angesetzt an. Dies trägt zur Schädigung der Böden deswegen bei, weil die Unternehmer um die notwendigen Einnahmen zu erwirtschaften, diese über die Grenzen hinaus belasten.
Schnell muss es gehen: bei jedem Wetter, auf jedem Standort, mit jeder Technik. Eine exis-tenzbedrohende Entwicklung!
Im Zuge zentral gesteuerter Einsparungsmaßnahmen wurden die Reviere vergrößert. Damit ist der Betreuungskatalog mit den Anforderungen an die Förster angewachsen, die diese nicht leisten können. Die Aufmerksamkeit und Sensibilität schwindet zu Lasten der Bestände.
Der Druck auf den Wald wird damit weiter erhöht.
Ein Viertel des Bruttosozialprodukts des Landes wird im Großraum Stuttgart erwirtschaftet. Ist Ihnen, ist das den Gemeinden, den Kreisen und dem Land nicht genug? Warum also noch Geld aus dem Schönbuch pressen, die Bestände und die Böden langfristig schädigen? Das destruktive Erscheinungsbild der Holznutzung im Schönbuch, die Frustration die diese erzeugt wirkt auf das Lebensgefühl der Menschen und erzeugt Abwehr. Das ist eine Erkenntnis aus der Psychologie. Durch die Abwehrmechanismen werden Kräfte gebunden die besser dem Leben im Alltag zu widmen wären. Halten Sie das nicht auch für wünschenswerter? Die Hybris der mechanisierten Einsätze, wird den Wald und schließlich den Menschen zerstören.
Die Bedeutung des Waldes wird bei Anlässen gerne in pastosen Tönen ausgemalt. Warum wird dann nicht geschützt, was für das Leben von großem Wert ist?
Warum lässt das Kreisforstamt seine Vorgehensweise im Kusterdinger Wald nicht durch den Zertifizierer prüfen mit dessen Logo in der Öffentlichkeit geworben wird? Dass sich die Zertifizierer den Bodenschäden bisher verschließen ist kein Gradmesser dafür, dass diese ihre Haltung nicht ändern können. Was werden Sie bei einer Änderung der Kriterien sagen, wenn Sie gefragt werden, warum Sie das Wissen um die Bodenschäden bei Ihren Entscheidungen nicht berücksichtigt haben? Wollen Sie sich dann damit herausreden, dass die Zertifizierer Ihre Handlungsweise derart beeinflusst haben, dass Sie nicht handeln konnten?
Die Bodenschutzkonzeption von Herrn Grüll wird seit Januar 2014 im Forst Brandenburg erprobt. Was ist Ihnen daran zu akademisch? Warum laden Sie Herrn Grüll nicht zu einer gemeinsamen Veranstaltung mit der Fachhochschule nach Rottenburg ein? Wollen Sie seine Antwort auf Ihre Einwände nicht hören und zur Kenntnis nehmen? Dass es heute boden-schonende Verfahren der Holzernte gibt wird von Ihnen nicht einmal erwähnt. Das ist sicher kein Zufall!
Sie schreiben, dass es nicht vorgesehen sei (eine merkwürdige Formulierung, die den Schutz der Böden betrifft) alle Rückegassen zu schottern. Bitte sagen Sie mir, wie Sie Rückegassen mit einer Tiefe von mehr als 60 cm ein weiteres Mal befahren wollen? Die Fotodokumen-tation der Schäden auf der Webseite der Initiative, schützt den Schönbuch macht deutlich, dass nahezu alle dokumentierten Gassen befüllt werden müssten. Es interessiert mich auf welchen Grundlagen und nach welchen Gesichtspunkten die Anlage von Maschinenwegen erfolgt und in welcher Größenordnung dies in den letzten Jahren im Schönbuch geschehen ist?
Viele Menschen haben mit einer großen Erleichterung und auch mit Hoffnung den Erlass zum Schutz des alten Buchenbestandes in Baden-Württemberg aufgenommen. Zuvor je-doch, wurde der Bestand landesweit dezimiert. In vielen Beständen des Landes wird heute mehr Holz eingeschlagen als nachwachsen kann, allein des Geldes wegen- Holzrausch! Das sagen Forstleute! Sie erwähnen den Eichenfirst im Schönbuch als Beispiel gelungener Bewirt-schaftung? Dort wurden noch vor Bekanntgabe des Erlasses mehr als 1100 Buchen im Alter von 120 und mehr Jahren, mehr als drei/viertel des Altbestandes eingeschlagen. Generationenwechsel? Verkehrssicherungsmaßnahme? Naturnahe Waldwirtschaft? Verjün-gung? Eine Auswahl aus der Flut an Begriffen die ForstBW zur Selbstdarstellung verwendet, habe ich zur Collage Waldmanns Welt gefügt und in den Anhang gestellt.
Fest steht, dass die Maschineneinsätze im Eichenfirst schwere Bodenschäden bewirkt haben.
Es entbehrt jeglicher Grundlage die Zerstörung in den Wäldern fortzuführen und schön zu reden! Die Gemeinschaft heute und die Generationen die uns folgen haben das Grundrecht auf den Schutz der Böden im Allgemeinen, den Schutz Waldbodens im Besonderen, auf eine schonende Holznutzung im Schönbuch und in den Wäldern Baden-Württembergs. Die Landesregierung ist aufgefordert die Waldnutzung neu zu entwerfen. Die Menschen fordern dies, weil sie die Grundlage des Lebens, den Schutz des Bodens, auf eine sichere Grundlage gestellt wissen wollen. Es ist an der Zeit und ist mehr als berechtigt! Der Forst kann sich, wenn er das will, ideenreich einbringen.
Ich glaube fest, dass in einem Modell Schönbuch, Menschen, Waldnutzung, der Schutz von Lebensräumen und Lebensmustern mit Ihren Lebewesen ökologisch verbunden und Nach-haltigkeit anschaulich gemacht werden könnte. Ein aufmerksames Auditorium von 5 Millio-nen Besuchern würde dies teilen und wertschätzen.
Mit dieser Hoffnung grüße ich Sie herzlichst.
Harald Kunz